Samenspenden gibt es schon seit mehr mehreren Jahrzehnten. Doch noch immer sind ethische Fragen zu Anonymität, finanzieller Entschädigung und Selbstlosigkeit ungeklärt. Neue gesellschaftliche Entwicklungen im Allgemeinen und sich ändernde Bestimmungen in einigen Ländern tragen zum stetigen Wandel der Zusammensetzung des Samenspenderpools bei. Eine dieser großen Veränderungen ist die wachsende Verbreitung von erweiterten Carrier-Screenings (Anlageträger-Screenings) bei Keimzellspenden, die sowohl Auswirkungen auf frühere Spender als auch auf die Gewinnung neuer Spender haben kann. Die meisten Länder haben Probleme, die Nachfrage nach Spendersamen zu bedienen, da es allgemein zu wenige Spender gibt. Vor diesem Hintergrund ist es sehr wichtig, die Meinung der Samenspender zu verschiedenen Verfahrensaspekten zu kennen.
Die kürzlich von Cryos durchgeführte Studie untersuchte die Ansichten von Samenspendern zu Nachkommen, Anonymität und erweiterten genetischen Untersuchungen. Die Studie wurde im September 2020 in Form eines Online-Fragebogens mit Samenspendern in Dänemark und den USA durchgeführt und sollte mehrere demographische und psychosoziale Parameter messen und diese zwischen (anonymen) Non-ID Release- und (nicht-anonymen) ID Release-Spendern vergleichen. Insgesamt füllten 233 Spender (37 in den USA und 196 in Dänemark) den Fragebogen aus.
Demographische und psychosoziale Aspekte
ID Release- und Non-ID Release-Spender wurden systematisch in Hinblick auf alle Eigenschaften und Punkte verglichen. Die Mehrheit der Spender (~78 %) hatte zum Zeitpunkt der Samenspende keine eigenen Kinder. Das Alter der Männer betrug im Mittel 28,6 Jahre. Die Hälfte hatte erst vor weniger als einem Jahr mit dem Spenden begonnen. Die meisten Spender waren Studenten, Facharbeiter oder Akademiker.
Spender mit Partner und solche ohne waren zu gleichen Teilen vertreten. ID Release-Spender waren signifikant älter als Non-ID Release-Spender und hatten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einen Partner. Außerdem hatten sie ihren Partner häufiger darüber informiert, dass sie spenden. Die beiden Gruppen unterschieden sich jedoch nicht darin, inwieweit ihre Partner sie bei der Entscheidung zur Samenspende beeinflusst hatten oder wie ihre Partner dazu stehen, dass sie Samenspender sind. ~86 % hatten ihren Partnern von ihrer Spendetätigkeit erzählt und der Einfluss der Partner auf ihre Entscheidung war begrenzt. Die meisten Partner (~84 %) hatten eine positive Einstellung zur Spende (nach Angabe der Spender).
Ebenso wie beim Gespräch mit dem Partner war die Bereitschaft von ID Release-Spendern, mit den eigenen Kindern über die Samenspenden zu sprechen, signifikant höher. 45 % hatten vor, ihren Kindern davon zu erzählen. Was den offenen Umgang mit der Samenspende im Gespräch mit anderen Menschen angeht, gaben ~51 % an, bereits mit anderen Personen darüber gesprochen zu haben, ~32 % gingen völlig offen mit dem Thema um. Bei diesen beiden Fragen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen ID Release- und Non-ID Release-Spendern.
Beweggründe für eine Spende
Tabelle 2. Beweggründe der Samenspender für die Spende
Beweggründe für die Spendea | n | % |
Geld verdienen | 146 | 62.6 |
Geld verdienen allein | 11 | 4.7 |
Kinderlosen helfen | 210 | 90.1 |
Kinderlosen helfen allein | 53 | 22.7 |
Geld verdienen + Kinderlosen helfen | 126 | 54.0 |
Eigene Gesundheit untersuchen lassen | 43 | 18.5 |
Neugier | 53 | 22.7 |
Sonstige | 4 | 1.7 |
a Von den Spendern konnte mehr als ein Beweggrund für die Spende angegeben werden.
Auf die Frage nach dem Beweggrund für die Samenspende konnten die Teilnehmer eine oder mehrere der folgenden Möglichkeiten auswählen: ‚Neugier‘, ‚Geld verdienen‘, ‚Eigene Gesundheit untersuchen lassen‘, ‚Eigene Spermienqualität testen lassen‘ und ‚Kinderlosen helfen‘. In Bezug auf die Beweggründe für die Spende gab es zwischen den Spendertypen keine signifikanten Unterschiede. Dies gilt auch in Hinblick auf die Frage, ob sie weiterspenden würden, wenn die Spender für ihre Spende nicht mehr finanziell entschädigt werden würden. ~21 % würden weiterspenden, ~45 % würden aufhören und ~34 % waren unschlüssig.
Ansichten zu Kindern und Anonymität
Die meisten Spender (~65 %) würden gerne darüber informiert werden, wenn ihre Spende zu einer Schwangerschaft führt. Was Informationen zu den Kindern angeht, würden die meisten Spender gerne die Anzahl der Kinder kennen und ob es ihnen gesundheitlich gut geht, auch in Hinblick auf Erbkrankheiten. Welche und wie viele Daten des Spenders andererseits an ihre Nachkommen gehen, hängt vom Spenderprofil ab. ID Release-Spender hatten sehr viel wahrscheinlicher ein Erweitertes Spenderprofil (~79 %) und waren mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit daran interessiert, Informationen zu möglichen Spenderkindern zu erhalten. Die Erweiterten Spenderprofile zeigen wiederum, dass diese Männer bereit sind, viele Informationen über sich selbst mit den Empfängern der Spende und ihren Nachkommen zu teilen.
Eine Mehrheit (~54 %) der Non-ID Release-Spender würde nicht weiterspenden, wenn sie keine Wahl mehr zwischen den ID-Typen hätten, und nicht mehr anonym wären. Bei den ID Release-Spendern würden dagegen ~74 % auch als Non-ID Release-Spender weiterspenden. Nur ~9 % würden mit dem Spenden aufhören. Dies weist darauf hin, dass für sie der Status „ID Release“ keine wesentliche Bedingung für die Spende war.
Die Möglichkeit, Spender durch eine Suche in großen Gendatenbanken zu identifizieren, wirft eine Reihe von Problemen in Hinblick auf „Anonymität“ auf. Der Wunsch von Non-ID Release-Spendern, anonym zu bleiben, drückt sich auch in ihrer Ablehnung der Möglichkeit aus, dass Kinder z. B. über eine Gendatenbank von ihrer Zeugung mithilfe einer Samenspende erfahren (73,9 % ggü. 28,8 % bei ID Release-Spendern).
Positive Einstellung zu Gentests
Samenspender werden auf die häufigsten und schwersten Erbkrankheiten hin untersucht. Allgemein sehen die Spender Gentests positiv. Nur 6 % würden es bevorzugen, keinen Gentests unterzogen zu werden. Eine große Mehrheit (~87 %) war auch mit einem erweiterten Carrier-Screening einverstanden. Die positive Einstellung gegenüber Gentests findet ihren Ausdruck auch in der Zustimmung zu weiteren Tests in der Zukunft. Allerdings war sich jeder sechste Teilnehmer (14 %) unsicher, was er tun würde, wenn die Gentests in Zukunft ausgeweitet würden. Die meisten Spender (~82 %) wollten alle Ergebnisse erfahren, weniger als 10 % würden gerne nur einen Teil der Ergebnisse erfahren. Trotz der Ergebnisse sind weitere Studien zu den Ansichten angehender Spender und insbesondere zu ihrer Meinung zu den Auswirkungen der Ergebnisse genetischer Untersuchungen erforderlich.
Zusammenfassung
Es handelt sich hier um eine einzigartige Studie, da es unseren Erkenntnissen nach keine andere Studie gibt, in der Spender verglichen werden, die sich zwischen Anonymität und Identifizierbarkeit entscheiden konnten. Der systematische Vergleich der Spendertypen zeigt, dass es zwei Spendergruppen mit einer stark unterschiedlichen Einstellung zu verschiedenen Aspekten der Spende gibt.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Non-ID Release-Spender wahrscheinlich nicht bereit sind, zu ID Release-Spendern zu werden. Die Möglichkeit, zwischen ID Release und Non-ID Release zu wählen, erlaubt somit die Gewinnung von mehr Spendern, als wenn nur ein Spendertyp zulässig wäre. Die Studie hat gezeigt, dass die große Mehrheit der Spender Gentests im Allgemeinen sehr positiv sieht. Ebenfalls sehr positiv war ihre Einstellung zum erweiterten Carrier-Screening, wie es in dieser Samenbank zum Einsatz kommt.