Laienverständliche Zusammenfassung der Studienergebnisse der Publikation „A cohort study of men infected with COVID-19 for presence of SARS-CoV-2 virus in their semen“ (Kohortenstudie mit COVID-19 infizierten Männern zur Präsenz von SARS-CoV-2 in Sperma)

    Im Pandemiejahr 2020 untersuchte Cryos, ob das Coronavirus SARS-CoV-2 zwischen Sexualpartnern übertragbar ist. Das beruhigende Ergebnis der Cryos-Studie: Eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 über Sperma ist nicht möglich. 


      Die Coronapandemie hat viele Fragen dazu aufgeworfen, wie sich das SARS-CoV-2-Virus auf den menschlichen Körper auswirkt. Von besonderem Interesse für Dienstleister im Bereich künstliche Befruchtung bzw. assistierte Reproduktion und für Samenbanken ist dabei die Frage, ob sich das Virus sexuell übertragen lässt. Jüngste Erkenntnisse zeigen, dass das Angiotensin-konvertierende Enzym 2 (kurz: ACE 2), das im Hodengewebe vorkommt, in der Entstehung und Entwicklung einer COVID-19-Erkrankung eine Rolle spielt. Eine neue, von Cryos International – USA mit Sitz in Orlando/Florida durchgeführte Studie sollte klären, ob das Coronavirus (SARS-CoV-2) in menschlichem Sperma nachweisbar und damit sexuell übertragbar ist. 

      Wissenschaftler bei Cryos haben untersucht, ob das Coronavirus über Sperma übertragbar ist

      Ähnliches wurde zwar bereits in früheren Studien untersucht, diese lieferten jedoch keine schlüssigen Ergebnisse, da in ihnen nur wenige Patienten in verschiedenen Infektionsphasen untersucht wurden, wobei sich die meisten bereits wieder auf dem Weg der Genesung befanden. Eine Studie von Holtmann et al. betrachtete 18 Patienten, die sich von einer Infektion mit SARS-CoV-2 erholt hatten und fand keinen Nachweis für virale RNA (Ribonukleinsäure) im Sperma der betroffenen Männer (1). 


      Material und Methoden

      Die neue Studie wurde als Kohortenstudie durchgeführt. Betrachtet wurden achtzehn (18) Männer mit einem medianen Alter von 32 Jahren (Spanne: 24–57), die mittels Real-Time PCR-Test positiv auf COVID-19 getestet worden waren und eine Spermaprobe abgegeben hatten. Die Studiengruppe war asymptomatisch oder zeigte nur leichte bis moderate COVID-19-Symptome; keiner der Studienteilnehmer musste hospitalisiert werden. Der Zeitraum zwischen Feststellung der Infektion und der Samenspende belief sich auf 1 bis 28 Tage (Median: 6 Tage). 

      Aus den gesammelten Spermaproben wurde virale RNA extrahiert und eine Dreifachbestimmung mittels Real-Time PCR durchgeführt. Als Positivkontrolle diente eine Verdünnungsreihe von RNA-Kopien von SARS-CoV-2. Zur Ermittlung der Präsenz der RNA des SARS-CoV-2-Virus wurden die Werte der Proben mit denen der Positivkontrolle verglichen.



      Ergebnisse und Diskussion

      Die Ergebnisse der RT-PCR-Tests waren bei allen Proben negativ für SARS-CoV-2. Diese Ergebnisse spiegeln auch die Erkenntnisse von Kayaaslan et al. wider, die keinen Nachweis für virale RNA 16 im Sperma von Patienten mit akuter SARS-CoV-2-Infektion fanden (2).  

      Ein Schwachpunkt unserer Studie ist allerdings, dass keine schwer erkrankten Männer unter den Studienteilnehmern waren. Aufgrund der geringen Stichprobengröße sind weitere Studien erforderlich, um abschließend zu klären, ob SARS-CoV-2 im Sperma, insbesondere bei Männern mit schweren COVID-19-Symptomen, vorkommen kann. 

      Als wichtigster Infektionsweg von SARS-CoV-2 gelten nach breitem Konsens die Atemwege, auch wenn virale RNA auch in Blut-, Urin- und Stuhlproben nachgewiesen wurde. Groß angelegte Studien werden das Vorkommen von SARS-CoV-2 im menschlichen Körper und die Art und Weise, wie sich das Virus überträgt, weiter untersuchen.  

      Auf Grundlage dieser vorläufigen Ergebnisse und der Übereinstimmung mit früheren Studien, die im Sperma kein SARS-CoV-2 nachweisen konnten, gehen wir davon aus, dass das Coronavirus SARS-CoV-2 während der akuten Erkrankung oder auch der Genesungsphase von einer COVID-19-Infektion nicht im Sperma vorhanden ist und damit nicht über dieses übertragen werden kann. Allerdings unterstreicht die Studie, dass während des Geschlechtsverkehrs andere Wege der Übertragung gegeben sein können (z. B. Atemwege), sodass es nicht allgemein auszuschließen ist, dass es während des Geschlechtsverkehrs zu einer Übertragung von COVID-19 kommen kann. 


      Vollständige Studie ansehen 


      Im Webinar weiter unten fasst das Wissenschaftsteam von Cryos, vertreten durch Anne-Bine Skytte, Saghar Kasiri und Corey Burke, die COVID-19-Studie und ihre Ergebnisse zusammen. 

      Literatur

      1) Holtmann N, Edimiris P, Andree M, Doehmen C, Baston-Buest D, Adams O, et al. Assessment of SARS-CoV-2 in human semen – a cohort study. Fertnstert. 2020;114(2):P233–8.

      2) Kyaaaslan B, Korukluoglu G, Hasanoglu I, Kalem A, Eser F, Akinci E, et al. Investigation of SARS-CoV-2 in semen of patients in the acute stage of COVID-19 infection. Urol Int. 2020;104(9-10):678–83.